In der Beratungspraxis wurden wir zuletzt häufiger mit Kaufverträgen konfrontiert, in denen der Begriff „Bastlerfahrzeug“ auftauchte. Die rechtlichen Auswirkungen sind nicht so klar, wie es scheint. Es kommen eine Reihe von Rechtsfolgen in Frage, die immer eine Abwägung der Gesamtumstände erfordern. Etikettenschwindel?
Ein "Bastlerfahrzeug" wird allgemein als ein Fahrzeug beschrieben, das nicht fahrtüchtig ist und erhebliche Mängel aufweist. Diese Fahrzeuge werden oft an Personen verkauft, die bereit und in der Lage sind, erhebliche Reparaturen selbst durchzuführen, oft aus Interesse oder als Hobby. Es kommt gelegentlich aber auch vor, dass Verkäufer den Begriff missbrauchen, um die eigene Haftung möglichst weit einzuschränken. Die Aufgabe der Gerichte ist es, im Streitfall zu klären, ob die Parteien mit der Aufnahme „Bastlerfahrzeug“ im Kaufvertrag eine wirksame Konsequenz vereinbart haben. Das ist nicht immer der Fall. Widersprechen sich der Begriff und der tatsächliche Zustand des Fahrzeuges, kann es sich um einen Etikettenschwindel handeln.
In rechtlicher Hinsicht bedeutet der Kauf eines als "Bastlerfahrzeug" deklarierten Autos in der Regel, dass der Verkäufer jegliche Gewährleistung ausschließen möchte. Diese Rechtsfolge – die bei einem Verkauf von einem Unternehmer an einen Verbraucher ohnehin nicht möglich ist – knüpft die Rechtsprechung in der Regel allerdings nicht an den Begriff. Sie legt den Begriff vielmehr danach aus, ob die Parteien eine bestimmte (negative) Beschaffenheit – insbesondere die fehlende Funktionstüchtigkeit – vereinbart haben, oder ob es sich um einen Etikettenschwindel handelt, also den plumpen Versuch auf Verkäuferseite, die eigene Haftung maximal zu reduzieren.
Argumente für Etikettenschwindel
Verharmlosung von Mängeln: Verkäufer könnten den Begriff "Bastlerfahrzeug" verwenden, um schwerwiegende Mängel herunterzuspielen. Ein Laie könnte den tatsächlichen Zustand des Fahrzeugs unterschätzen, wenn er den Begriff als geringfügiger interpretiert als er ist.
Unzureichende Offenlegung: Wenn Verkäufer den Begriff "Bastlerfahrzeug" nutzen, ohne die spezifischen Mängel klar zu benennen, könnte dies als Versuch gewertet werden, Mängel zu verschleiern. Dies könnte Käufer in die Irre führen und den Verkauf eines Fahrzeugs ermöglichen, das sonst schwer vermittelbar wäre.
Unklare Begriffsdefinition: Der Begriff "Bastlerfahrzeug" ist nicht gesetzlich eindeutig definiert, was Raum für Interpretationen und somit auch für Missbrauch lässt. Ohne eine klare Definition könnten Käufer unterschiedliche Erwartungen haben, was zu Enttäuschungen und rechtlichen Auseinandersetzungen führen kann.
Missverhältnis zum Kaufpreis: Erstaunlich häufig werden „Bastlerfahrzeuge“ zu hohen vier- oder gar fünfstelligen Kaufpreisen angeboten. In solchen Fällen drängt sich der Verdacht des Etikettenschwindels ganz besonders auf.
Argumente gegen Etikettenschwindel:
Transparenz durch Deklaration: Wenn ein Fahrzeug explizit als "Bastlerfahrzeug" angeboten wird, signalisiert dies eindeutig, dass das Fahrzeug nicht fahrtüchtig ist und erhebliche Mängel aufweist. Käufer sollten demnach besonders vorsichtig sein und das Fahrzeug vor dem Kauf gründlich inspizieren.
Bewusste Entscheidung der Käufer: Personen, die "Bastlerfahrzeuge" kaufen, tun dies meist mit dem Wissen und der Absicht, umfangreiche Reparaturen selbst durchzuführen. Sie sind oft technisch versiert und wissen, worauf sie sich einlassen.
Vertragsfreiheit: In Deutschland gilt die Vertragsfreiheit, was bedeutet, dass Käufer und Verkäufer die Bedingungen des Verkaufs frei verhandeln können. Solange der Verkäufer keine Mängel aktiv verschweigt und den Zustand des Fahrzeugs ehrlich angibt, kann der Begriff "Bastlerfahrzeug" als klare Beschreibung ohne betrügerische Absicht verwendet werden.
Fazit
Ob der Begriff "Bastlerfahrzeug" als Etikettenschwindel gewertet wird, hängt also stark vom Einzelfall ab. Wichtig ist, dass Käufer bei Fahrzeugen mit dieser Kennzeichnung besonders aufmerksam sind, den Zustand des Fahrzeugs gründlich prüfen und im Zweifel Fachleute hinzuziehen. Verkäufer sollten ihrerseits transparent über den Zustand des Fahrzeugs informieren, um Missverständnisse zu vermeiden und rechtlichen Problemen vorzubeugen.
Käufer eines „Bastlerfahrzeuges“ stehen also nicht per se schutzlos da, sondern sollten prüfen lassen, ob sie gegebenenfalls doch Gewährleistungsansprüche geltend machen können. Noch besser wäre es aber, gar nicht erst einen Kaufvertrag mit dem Begriff „Bastlerfahrzeug“ zu unterzeichnen, wenn man eigentlich ein voll funktionsfähiges Fahrzeug erwerben möchte.