Hilfstransporte sind zwar gem. VO (EU) 561/2006 und daraus folgend gem. FPersV (in D) von den Lenk- und Ruhezeiten befreit - die Fahrer müssen jedoch die Vorschriften der Kontrollgeräte VO (EU) 165/2014 beachten.
Art. 36 Abs. 2 VO (EU) 165/2014 Jeder Fahrer muss im Besitz einer gültigen Fahrerkarte sein (egal ob gesteckt oder nicht), sofern das Fahrzeug mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgerüstet ist
Gewerblicher Transport mit Fahrzeug oder Kombination über 3,5 to zGM:
Es müssen vorhandene Fahrtenschreiber (analog und digital) aktiv bedient werden und die Fahrer im Besitz einer Fahrerkarte sein (nur bei digitalem Fahrtenschreiber) und diese auch stecken. Lenk- und Ruhezeiten müssen beachtet werden. Frachtbriefzwang gem. CMR. Bei Entladung in der EU (Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien): Packlisten mit Versand- und Empfangsadresse sowie Gesamtgewichtsdeklarierung sind ausreichend Bei Entladung in Ukraine oder Transit via Moldawien in die Ukraine: CARNET-TIR und Verzollung in UA - bisher nicht offiziell ausgesetzt
Nichtgewerblicher Transport (z.B. privat, ehrenamtlich etc. und unentgeltlich):
Fahrzeuge und Kombinationen bis 3,5 to zGM und kein eingebautes Kontrollgerät: keine Aufzeichnungs- und Mitführpflicht Fahrerkarte
Fahrzeuge und Kombinationen bis 3,5 to zGM mit eingebautem analogen Kontrollgerät: keine Aufzeichnungs- und Mitführpflicht Fahrerkarte
Fahrzeuge und Kombinationen bis 3,5 to zGM mit eingebautem digitalen Kontrollgerät: Aufzeichnungspflicht (Fahrtenschreiber auf OUT stellen - es handelt sich um eine Ausnahme) und Mitführpflicht Fahrerkarte. Fahrerkarte kann, muss aber nicht gesteckt werden, solange die Ausnahme von der Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten besteht (in D und auch im Ausland)
Fahrzeuge und Kombinationen über 3,5 to zGM und kein eingebautes Kontrollgerät: nicht zulässig!
Fahrzeuge und Kombinationen über 3,5 to zGM mit eingebautem analogen Kontrollgerät: Aufzeichnungspflicht über Schaublätter. Keine Mitführpflicht Fahrerkarte
Fahrzeuge und Kombinationen über 3,5 to zGM mit eingebautem digitalen Kontrollgerät: Aufzeichnungspflicht (Fahrtenschreiber auf OUT stellen - es handelt sich um eine Ausnahme) und Mitführpflicht Fahrerkarte. Fahrerkarte kann, muss aber nicht gesteckt werden, solange die Ausnahme von der Aufzeichnung der Lenk- und Ruhezeiten besteht (in D und im Ausland)
Miet-LKW bis 7,5 to zGM Die Befreiung für den Fahrer von Art. 36 Abs 2 VO (EU) 165-2014 (Fahrer nicht im Besitz einer Fahrerkarte) gilt nur für den privaten nichtgewerblichen Umzug des Fahrers - nicht für private Hilfstransporte, da sich die Güter nicht im Besitz des Fahrers befinden!
Rest der Vorschriften s.o.
Mir sind die evtl. Ausnahmeregelungen zur VO (EU) 561/2006 (Sozialvorschriften - Lenk- und Ruhezeiten) im Ausland aktuell nicht bekannt. Aus diesem Grund empfehle ich, auf der ganzen Fahrtstrecke des Transports Richtung Ukraine eine Fahrerkarte im digitalen Fahrtenschreiber zu stecken und auf OUT zu fahren.
Es ist meiner Meinung nach aktuell unklar, ob die Ausnahmen gem. VO (EU) 561/2006 (Sozialvorschriften - Lenk- und Ruhezeiten) auch für Leerfahrten zurück nach D gelten. Aus diesem Grund empfehle ich, bei Leerfahrten zurück Schaublätter einzulegen bzw. die Fahrerkarte zu stecken (nicht auf OUT fahren!) und die Lenk- und Ruhezeiten zu beachten.
Generelle Empfehlung: Aus Nachtragsgründen empfehle ich auch bei der Lastfahrt Richtung Ukraine bei der Nutzung eines digitalen Fahrtenschreibers das Stecken der Fahrerkarte und das Fahren auf OUT.
Aus Nachtragsgründen empfehle ich auch bei der Lastfahrt Richtung Ukraine bei der Nutzung eines analogen Fahrtenschreibers das Einlegen von beschrifteten Schaublättern. Auf der Rückseite bitte handschriftlich vermerken: Hilfstransport Ukraine.
Grenzübergang (GÜG)
Fahrzeuge mit digitalem Fahrtenschreiber seit 02.02.2022 besteht die Pflicht gem. EU-Mobility Package 1, den Grenzübergang in jedes andere Land an einem eingebauten Fahrtenschreiber zu dokumentieren (funktioniert nur mit gesteckter Fahrerkarte). Vorgehensweise: Menu - Eingabe Fahrer 1 - Beginn Land (z.B. PL) - Ende Land (z.B. D) darf nicht eingegeben werden. Fahrzeug muss mit allen aktuellen digitalen Fahrtenschreibern angehalten werden, um die Dokumentation vorzunehmen.
Fahrzeuge mit analogem Fahrtenschreiber seit 21.08.2020 besteht die Pflicht gem. EU-Mobility Package 1, den Grenzübergang in jedes andere Land an einem eingebauten analogen Fahrtenschreiber zu dokumentieren . Vorgehensweise: Schaublatt entnehmen, auf der Rückseite handschriftlich Datum, Uhrzeit und Ort eintragen, Schaublatt wieder einlegen.
Es muss im unmittelbaren Grenzbereich an einem geeigneten Halteplatz angehalten werden, um die Umstellung bzw. den manuellen Eintrag vorzunehmen.
Bei Verstößen wird im Kontrollfall ein Bußgeld erhoben (in D bis zu 60 €, in CH 125 sfR, in E 1000 € - in Ost-EU weiß ich es leider nicht)
Sonn- und Feiertagfahrverbot in D ist in D in allen Bundesländern für Fahrten Richtung Ukraine aufgehoben. Bei fast allen Bundesländern sind die unmittelbaren dazu anhängigen Leerfahrten ebenfalls erwähnt.
Meine Meinung: sonn- und feiertags kann auch leer in D zurückgefahren werden, wenn der vorhergegangene Hilfstransport dokumentiert ist (z.B. durch Packlisten, Stempel und Unterschrift des Empfängers, CMR-Frachtbrief).
Der notwendige Passus: keine rechtliche Haftung für meine Ausführungen - diese wurden nach bestem Wissen gemacht.
Ich will hier niemanden reglementieren, sondern nur auf evtl. Fallstricke hinweisen - insbesondere bei Kontrollen und evtl. Unfällen. Die Fallstricke werden meist 'ausgeblendet'. Kontrollbehörden in BaWü und NRW wurden bereits angewiesen, zumindest nicht so genau die Vorschriften zu überprüfen.
Und ich hoffe, dass die Spenden- und Hilfsbereitschaft aller Menschen weiterhin so großartig weitergeht.
Ein kleiner Bericht zu dem in #1 erwähnten Hilfstransport (Foto der Beschilderung) ab Großraum Stuttgart nach Chelm (PL) direkt an der Grenze zur Ukraine vom 04.03.2022 bis 06.03.2022 - ca. 2.800 km gesamt:
Vergesst alles, was man geplant hat - es kommt immer alles anders.
Aufgrund der langen Strecken ab D und des hohen Verkehrsaufkommens sollte man unbedingt mit 2 Fahrern pro Fahrzeug unterwegs sein. Dieselpreis in Polen aktuell ca. € 1,45 - Diesel ist teilweise nicht mehr überall verfügbar. Mautbefreiung in PL kein Problem, wenn man solche Schilder für die Hin- und Rückfahrt nutzt.
Ganz wichtig: man benötigt beim Auftraggeber einen polnisch sprechenden Ansprechpartner sowie einen direkt am Entladeort! Bei uns war der lokale Partner am Entladeort (wurde unterwegs 2x geändert) nicht zu erreichen und fast niemand sprach Englisch oder Deutsch. Glücklicherweise wurde dann eine Dolmetscherin im Entladezentrum getroffen - dann lief es.
Bei uns wurden alle beschrifteten Kartons entladen und in 2 Bereiche vorsortiert - Lebensmittel Mensch und Tier und der Rest. Dann alles auf Europaletten gestellt und weiter in die Halle gezogen. Dort wird dann ausgepackt und sortiert. Sehr viele polnische Helfer! Ukrainer packen auch mit an. Weitertransport fast nur mit Kleintransportern in die Ukraine.
Zurück hat der Konvoi gesamt noch 9 Personen bis nach Dresden mitgenommen (3 Frauen mit 6 Kindern), da sie zu Verwandten in D weiterreisen wollten. Die Geflüchteten werden vor Ort von der PL-Polizei dokumententechnisch erfasst. Wer keine Papiere hat, kann ebenso weiterreisen. Auch wird von jedem Fahrzeug ein Foto mit allen Personen gemacht. In D muss man entweder eine Adresse haben, wohin die Personen reisen wollen. Am Bahnhof kann man sie dann absetzen und sie können kostenfrei mit der Bahn weiterreisen. Wenn jemand nicht weiß, wo er unterkommen kann/soll, dann muss die Adresse einer Erstaufnahmestelle bekannt sein.
Fazit wir werden sicher noch einen Konvoi starten!
Allerdings mit Einschränkungen : nur noch Kleintransporter ohne Anhänger und ohne Fahrtenschreiber - man ist wendiger, hat kein Problem mit Aufzeichnungen und Maut.
Benötigt werden vor allem medizinische Güter - Apparate, Betten, Medikamente - es fehlt hier an allem! Wir werden hier in den nächsten Tagen gezielt Arztpraxen und Apotheken ansprechen.
Wir werden soviele Sitzplätze wie möglich in die Fahrzeuge einbauen, damit wir auf der Rückfahrt Geflüchtete mitnehmen können. Die Kontakte zu den hiesigen Rathäusern laufen gerade heiß.
Im Übrigen sind aktuell sehr viele Reisebusse aus D im Einsatz, um Geflüchtete an den Grenzen abzuholen.
hurgler0815
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
Inwiefern ist der Hilfsgütertransport in Reisebussen zulässig? Ich meine jetzt nicht im Gepäckabteil, sondern zwischen Sitzen? Wenn ich so einen Bus mit Kartons vollmache?
Straßengüterverkehr ist die Auslagerung von mangelndem Denkvermögen auf öffentliches Gut.
Zitat von da_Strizzi im Beitrag #4Inwiefern ist der Hilfsgütertransport in Reisebussen zulässig? Ich meine jetzt nicht im Gepäckabteil, sondern zwischen Sitzen? Wenn ich so einen Bus mit Kartons vollmache?
Kann ich leider nicht rechtssicher beantworten.
Man hat ja erst einmal die Gepäckräume im Reisebus. Die Nutzlast 'sitzt' jedoch eigentlich oben. Inwieweit Gänge und Fußräume pro qm belastbar sind, weiß ich nicht - es müsste wahrscheinlich ausreichend sein. Das Hauptproblem wird die LaSi nach vorne sein - Rückenlehnen dürften max. 120 kg pro Sitz aushalten. Im Gang hat man leider keine LaSi nach vorne durch den Aufbau und der Fahrer sitzt da meistens nicht abgetrennt hinter einer Scheibe oder einem Podest. Inwieweit z.B. vorne das Armaturenbrett den Druck trotz formschlüssiger Verladung bei einer Volllbremsung aushalten kann, weiß ich nicht. Da könnte es Ärger geben. Zurrpunkte sind da vorne leider keine vorhanden, um z.B. ein geprüftes Netz zu spannen.
Die schweren Gegenstände müssen unten rein. Die leichteren oben zwischen die Sitze - das halte ich für sicher und praktikabel. Diese mit vorhandenen Sicherheitsgurten absichern, sofern kein Formschluß möglich ist. Der Gang muss freibleiben.
Beim ÖPNV-Bus hätte man mehr Laderaum im Fahrgastraum und keine Gepäckfächer - dafür keine Sicherheitsvorrichtungen für die Menschen. Ob das so zulässig ist, kann ich leider nicht rechtssicher beantworten. Meine Vermutung: bei den Rückfahrten mit Fahrgästen handelt es sich um Gelegenheitsverkehr - und den kann man legal nur mit Reisebussen durchführen
Wenn es sich um einen privaten Hilfstransüport handelt, dann benötigt man auch keine EU-Lizenz für Gütertransporte.
Das BAG hat neue Infos beim Einsatz von Fahrzeugen (Bus und LKW) herausgegeben, die normalerweise den Sozialvorschriften VO (EG) 561/2006 und der Kontrollgeräte VO (EU) 165/2014 unterliegen. Leider alles wachsweich.