Ich weiss - ein absolut schwieriges Thema, da jede größere Hilfsorganisation um Spenden bittet (meist Geld), um die betroffenen Bürger in der Ukraine zu unterstützen. Die Resonanz in D ist bisher lt. medialen Informationen überwältigend. Mir geht es jedoch mehr um die privaten Hilfsprojekte, die meist von Firmen oder Privatpersonen angestoßen werden - mit dem Ziel, gezielt und/oder konkret einzelne Institutionen zu unterstützen. Diese Projekte werden meist lokal finanziert und von Freiwilligen betreut.
Ich möchte mal den Anfang machen - vielleicht wollen/können andere Forumsmitglieder oder Gastleser hier ebenfalls ihre Projeke vorstellen.
Mein Co-Geschäftspartner Peter Schlatterer (Inhaber der Fahrschule Kraft & Schlatterer) hat zusammen mit der Fahrschule Halanke aus Herrenberg am ersten Wochenende im März 2022 einen Hilfstransport unter der organisatorischen Gesamtleitung mehrerer Hilfsorganisationen aus Sindelfingen und Stuttgart an die PL/UA-Grenze nach Chelm durchgeführt. Im Anhang findet ihr einen aus Copyrightgründen nur einen Link (leider hinter der Bezahlschranke):
Dieser Transport hat alle so bewegt, dass beschlossen wurde, schnellstmöglich einen erneuten Hilfstransport zu planen und zu starten. Dieser wird nun am 18.03.2022 in Ditzingen starten. Und wir benötigen Eure Hilfe mittels Geldspenden.
Wir haben vor Ort die Erfahrung gemacht, dass trotz der unglaublich großen Hilfsbereitschaft vor allem Medikamente, OP-Besteck, Betten - also alles was Medizin betrifft - fehlen. Deswegen wurde letzte Woche alles organisiert, dass wir in der kommenden Woche die Geldspenden nur in die Beschaffung von medizinischem Material umsetzen, wobei wir von einer lokalen Apoheke und einem lokalen Arzt unterstützt werden. Wir werden keine anderen Artikel mitnehmen.
Zurück wollen wir wieder einige Flüchtlinge entweder nach Dresden an den Bahnhof oder nach Baden-Württemberg mitnehmen.
Meine Frau ist ja aus der Ukraine, wohnte ca. 150 km südlich von Kiev und ihre Eltern und Bruder sind noch dort, wollen auch nicht weg und ihr Land im Stich lassen.
Die Spendenbereitschaft ist ja anscheinend riesig, aber so wie es aussieht bleibt alles im Westen des Landes. Sie kennt einige die auch im Osten immer noch mit Kleinbussen unterwegs sind und Frauen und Kinder Richtung Westukraine bringen und dort dann was mit nach Ostukraine mitnehmen. Aber an Spendengüter kommen die nicht ran. Es ist auch nicht von Sachspenden und Lebensmittel im Osten des Landes zu spüren. Keine Ahnung wohin die meisten Spenden kommen.
Am sinnvollsten sehen wir Geldspenden an die Leute und die können dann vor Ort die noch vorhandenen Lebensmittel usw. kaufen und direkt an Kinderheime geben. Aber du brauchst auch in der derzeitigen Situation vertrauensvolle Leute, die nicht in die eigene Tasche wirtschaften.
Fast alle Hilfslieferungen aus D werden von den Beteiligten über PL geroutet - fast nichts über H und SK und RO. Die Beteiligten arbeiten mit Organisationen aus PL und UA zusammen. Bei uns in Chelm- kleines Chaos und unglaubliche Hilfsbereitschaft und Logistik.
Aus Haftungsgründen wird nur bis an die Grenze gefahren. Dort übernehmen dann TU aus UA. Sammelpunkt auf ukrainischen Seite ist noch Lwiv mit dem riesigen Messezentrum. Von dort aus wird im Land weiterverteilt.
Für Medizintransporte müssen wir über die Grenze ca. 10 km ins Land. Zollabfertigung interessiert niemand. Dort werden Medikamente und Geräte in gepanzerte Fahrzeuge umgeladen und von ortskundigen Einheimischen weiter zu noch erreichbaren Krankenhäusern befördert. Mehr kann man leider von hier aus nicht tun.
Die Beschaffung von Medikamenten in der Ukraine fast unmöglich. Dringend benötigt wird z.B. Insulin für die Versorgung von Diabetes-Patienten. Das ist auch hier sehr teuer
Nach tagelangen Vorbereitungen ist der Konvoi am 18.03.22 um 7 Uhr bei uns an der Fahrschule gestartet.
Alle Mautbefreiungen für D, A und H vorhanden, ebenso alle Ladelisten pro Fahrzeug. Keine Mautbefreiung in SK. Alle Fahrzeuge auffällig beschriftet in allen Sprachen der Transitländer.
Unser Konvoi ist nun mit Hilfe der lokalen Polizei über Feldwege an der Grenze eingetroffen und versucht, in die Ukraine zu fahren. Es bleibt spannend.......
Km-langer LKW-Stau vor der ukrainischen Grenze mit langen Wartezeiten. Dank Polizeibegleitung sind sie daran vorbeigefahren. Nun erfolgt die Grenzabfertigung.
Nach 8 Std. sind alle nun in UA. Direkt auf der SK-Seite ein riesiger Platz mit Waren aller Art für die Geflüchteten sowie Ruhemöglichkeiten. Sogar eine kleine Kapelle ist aufgebaut. Ebenso ist ein Tierarzt für Haustiere vor Ort.
Aktuell warten ca. 50-100 Private Hilfstransporte auf Verzollung und Entladung. Wir haben 2 Entladestellen - nun ist Geduld angesagt. Bis 20.30 Uhr wurden 2 Fahrzeuge entladen und der Rest ist nun in Arbeit. Dann geht es zurück zur Grenze. Dort werden dann Flüchtlinge aufgenommen.
Planänderung: Fahrzeuge sind gegen 21 Uhr leer geworden - sehr viele ukrainische Helfer, teilweise auch bewaffnet - und bis auf eines wieder in SK. Dieses Fahrzeug holt ein schwerkrankes Mädchen samt Familie in UA ab und fährt es zusammen mit den anderen Konvoiteilnehmern nach Linz in ein Krankenhaus.
An der Grenze nach SK waren aktuell Flüchtlinge, aber die slowakischen Behörden überprüfen genau und zeitintensiv, wer da wen und wohin mitnehmen will. Ergänzend dazu ist ein Bürge in der Slowakei nötig. Danach muss man lange warten.
BÜROKRATIE vom Allerfeinsten! Leider hatten wir dafür keine Zeit und keinen Bürgen.
Das letzte Foto ist vor der Abfahrt des Medikamentenkonvois in die Nacht Richtung Kiev entstanden.
Abschließend noch ein aktuelles Fazit nach der Rückkehr in die Slowakei sowie von der Zwischenstation aus dem Krankenhaus in Linz.
Gegen Mitternacht sind alle wieder wohlbehalten und müde bei uns angekommen.
hurgler0815
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Von brückenau aus wird auch gefahren Haben einen Mittelsmann der direkt nach Kiev weiterfährt. Alles privat über Verwandtschaft. Mein Sohn ist grad nach Warschau unterwegs 8 Kinder ohne Begleitung abzuholen, haben Verwandte bei uns daheim. Mir kommen permanent die Tränen.
Freunde von uns haben zwei Frauen aus der Urkraine aufgenommen, Mutter (ältere Dame) und Tochter. Deren Mann wurde vorgestern eingezogen. Allerdings ist er Diabetiker, und muss spritzen. Das Insulin wird er schwerlich erhalten, wenn er „vor Ort“ ist. Die Frau ist kaum noch ansprechbar, weil sie weiss, dass ihr Mann gerade auf dem Weg in ein anderes Leben ist, denn ohne Insulin keine Chance.
Mal eine kleine rechtlich unverbindliche Leitlinie nach unseren Erfahrungen für die Abholung von Ukraine-Flüchtlingen in Lagern in SK (Stand 20.03.2022):
Was ist mitzuführen?
1) Bescheinigung einer deutschen Hilfsorganisation mit Kontaktdaten für Rückfragen 2) Bescheinigung einer slowakischen Organisation oder eines Bürgen mit Kontaktdaten für Rückfragen
Damit fährt man zur zuständigen Polizeibehörde in SK zur Überprüfung. Dort werden zusätzlich alle Daten der beteiligten Fahrer und Fahrzeuge aufgenommen und überprüft. Die SK-Polizei setzt sich mit der Lagerleitung in Verbindung. Nach Freigabe der SK-Polizei kann man sich zum Lager begeben. Wer dort dann mitgenommen wird und wohin diese Menschen kommen, ist den dortigen Verantwortlichen egal. Es dauert auf jeden Fall einige Zeit.
In Polen gabe es Anfang März 2022 keinerlei Bestimmungen.
Einfach zum nächsten Sammelpunkt (meist Bahnhof oder größerer Treffpunkt von Omnibussen) ijm grenznahen Bereich fahren und dort Menschen fragen, ob sie mitfahren wollen. Die Menschen an den offiziellen Sammelpunkten sond vorher von der PL-Polizei dokumentarisch erfasst worden. Die dort anwesende Polizei macht dann Fotos von Fahrzeug und allen Personen und überprüft die Fahrer und Fahrzeugdokumente. Alles relativ unbürokratisch.
Aus der Ukraine direkt kann man eigentlich keine Menschen mitnehmen. Es sei denn wie bei uns: Spezialtransport wegen Behinderung oder Krankheit nötig. Z.B. liegender Transport oder Transport im Rollstuhl (war bei uns so). Das geht bei Frauen und Kindern ohne Bürokratie auch an der Grenze. Männer werden überprüft, ob sie wehrpflichtig sind.
Zur Maut:
in SK gibt es keine Mautbefreiung für alle Fahrzeuge.
Wir haben auf Antrag für PKW, PKW-Gespanne und LKW über 3,5 to zGM für A, H und PL eine Mautbefreiung der zuständigen Gesellschaften erhalten.
In D ebenfalls Mautbefreiung auf Antrag.bei TOLL Collect für LKW und Kombinationen über 7,5 to zGM
hurgler0815
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Unser 3. Hilfstransport hat nach umfangreichen Vorarbeiten reibungslos geklappt.
Ein gespendeter ehemaliger Geldtransport-LKW MB Atego 1529 mit CH-Zulassung muss in D umgebaut werden (erhält zusätzliche Panzerung) und danach an die Grenze PL/UA verbracht werden. Erstmalig zumindest für uns eine grenzüberschreitende Spendenaktion, betreut durch die Organisation I.M.E.S. Hört sich einfach an......
Zuerst habe ich die zollrechtliche Seite mit Export nach D geprüft. Dann wurde der LKW an der Grenze in Basel von unserem Teammitglied übernommen und mit roter Nummer nach Hannover überführt. Dort wurde der LKW mit 2,5 to Stahlplatten umgebaut und verstärkt. Ein 2. Fahrer wurde mit der Bahn nach Hannover geschickt und nach dem Ende des Umbaus sind die beiden nach PL-Medyka an die Grenze gefahren.
Parallel dazu ist ein 2. Team mit dem mit Medikamenten vollgepackten VW Bus T6 bei uns gestartet und hat sich an der Grenze in PL-Medyka mit dem 2. Team getroffen.
Die Medikamente wurden mit anderen Hilfsgüter in den LKW verladen und Deniz vom Team IMES hat den LKW für gepanzerte Transporte (Personen und Güter) in der Ukraine übernommen. Die roten Nummernschilder wurden gegen ukrainische getauscht und dann verschwand Deniz nach Erstellen der nötigen Zolldokumente vor Ort im 1. ukrainischen Checkpoint. Es hat alles geklappt!
Unsere beiden Teams sind nach ca. 2.700 km Fahrt heute morgen wieder wohlbehalten mit der Erkenntnis zurückgekehrt: Die Ukraine benötigt noch lange die Hilfe von anderen Staaten und Menschen. Es bleiben Erinnerungen, die man so schnell nicht vergessen wird.
Vielen Dank an alle Spender!
Ob wir nochmals sammeln und fahren? Wir müssen erst einmal darüber beraten.
Der NDR hat eine Reportage über die Aktion mit dem LKW gedreht....Bericht voraussichtlich am 16.05.22
Mehr Infos siehe hier- ich versichere, dass alle Geldspenden weiter für die Beschaffung von medizinischen Artikeln verwendet werden.
Unser privates Ukraine-Projekt: Wir haben die letzten Tage unser 240 m² Haus, welches wir nur noch zu viert bewohnen, umgeräumt, Betten aufgebaut und eine provisorische Küche "gebastelt". Seit heute ist eine Mutter mit ihrer 20-jährigen schwangeren Tochter und ihren 12-jährigen Sohn aus der Nähe von Charkiw bei uns untergekommen. An ihren Augenringen kann man erkennen, was die alle hinter sich haben. Ab morgen werden wir uns mal für sie in den deutschen Behörden-Dschungel wagen.
Die Leute sagen immer: Die Zeiten werden schlimmer. Die Zeiten bleiben immer. Die Leute werden schlimmer. - Joachim Ringelnatz
Zitat von Kipper-Spedition im Beitrag #9Unser privates Ukraine-Projekt: Wir haben die letzten Tage unser 240 m² Haus, welches wir nur noch zu viert bewohnen, umgeräumt, Betten aufgebaut und eine provisorische Küche "gebastelt". Seit heute ist eine Mutter mit ihrer 20-jährigen schwangeren Tochter und ihren 12-jährigen Sohn aus der Nähe von Charkiw bei uns untergekommen. An ihren Augenringen kann man erkennen, was die alle hinter sich haben. Ab morgen werden wir uns mal für sie in den deutschen Behörden-Dschungel wagen.
"Unsere" Ukrainer sind vor einer Woche wieder nach Hause, trotz das die Frontlinie nur 100 km entfernt ist, trotz das die schwangere Tochter wahrscheinlich nicht die beste medizinische Versorgung zu erwarten hat. Es ist die Heimat, es ist das eigene Haus, es sind die alten Eltern, es ist die Nähe zum an der Front kämpfenden Mannes. Das sind Sorgen, und nicht unsere hohen Spritpreise...
Die Leute sagen immer: Die Zeiten werden schlimmer. Die Zeiten bleiben immer. Die Leute werden schlimmer. - Joachim Ringelnatz
Wir fahren am 28.12.22 wieder in die Ukraine und benötigen noch Geldspenden zum Kauf von Medikamenten, Feldküchen und Heizgeräten. An Sachspenden bitte nur warme Winterkleidung und vor allem Notstromaggregate. Ladestellen: 1) Ditzingen 2) Berlin, evtl. auch Dresden
Wir haben für unser örtliches Ukraineprojekt vor drei Wochen einen Festbrennstoffkessel (Allesfresser) und den dazugehörigen WW-Boiler aus unseren Keller gewuchtet. Den wollten die unbedingt haben, jetzt passiert aber nichts mehr. Wenn ihr Transportmöglichkeiten habt, könnt ihr den gern haben. @hurgler0815 Uto, kannst ja mal nachfragen?
PS: der Ofen wiegt 300-350 kg, Schwerlastsackkarre und 4-5 durchtrainierte Germanen zum verladen sind vorhanden.
Kipper-Spedition
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